Grafik: Gerke/Ruge/HkD

Visitation

Visitation schon zu Luthers Zeiten

Grafik: Gerke/Ruge/HkD

Bereits in den urchristlichen Gemeinden finden sich Ansätze von Visitation. Seit den Zeiten der Reformation gehört die Visitation zu den Leitungsaufgaben der evangelischen Kirche.

„Martin Luther spricht in höchsten Tönen vom bischöflichen oder 'Besucheamt'. So ist es aus Sicht des Reformators nicht weniger als ein göttliches und darum auch heilsames Werk, die Gemeinde zu besuchen.

Dieser Besuchsdienst gehört zu den Kernaufgaben des Pfarramtes als des ursprünglichen Bischofsamtes, wie die Reformatoren im Rückgriff auf Terminologie und Praxis der frühen Kirche feststellten.“*

Visitation alle sechs Jahre - KV als Türöffner

Auch heute besuchen Superintendenten und Superintendentinnen (Visitator*innen) die Gemeinden und Regionen ihres Kirchenkreises im regelmäßigen sechsjährigen Turnus, „um nach dem Rechten zu sehen“.

Vergleichbares gilt für die Visitation von Kirchenkreisen durch die Landessuperintendent*innen.

Als Kirchenvorstand sind sie der Türöffner ihrer Gemeinde für diesen Besuch.

Die Visitation - eine Chance zum Rückblick

Die Visitation bietet Gelegenheit, im Alltagsgeschäft innezuhalten und anhand des Gemeindeberichtes
– Leitfragen zur Erstellung des Gemeindeberichts können Sie im Intranet herunterladen – ein Resümee ihrer bisherigen Arbeit zu ziehen:

  • Was ist seit der letzten Visitation in unserer Gemeinde passiert?
  • Was hat sich verändert, was haben wir bewahrt, was hat sich positiv entwickelt und was war in den vergangenen Jahren schwierig?

Das Visitations-Team

Drei Monate nach der Abgabe des Gemeindeberichtes wird das Visitationsteam Ihre Gemeinde besuchen. Diesem Team können angehören:

  • Mitglieder des Kirchenkreisvorstandes,
  • Beauftragte für den Konfirmandenunterricht,
  • für die Kindergottesdienstarbeit
  • und weitere sachkundige Personen angehören.

Auf jeden Fall gehören dazu

  • der/die Orgelrevisor*in,
  • der/die Archivpfleger*in
  • und der/die Kirchenkreismusikdirektor*in, bzw. in Vertretung der/die Kirchenkreiskantor*in.

Wahrnehmen – Würdigen – Weitersehen

Für das Gelingen der Visitation tragen sie alle gemeinsam die Verantwortung.

Mit dem Dreischritt: Wahrnehmen – Würdigen – Weitersehen lässt sich der Prozess der Visitation gut umreißen.

Beginn und Ende mit einem Gottesdienst

Die Visitation beginnt oder endet mit einem Gottesdienst, in dem der/die Visitator*in ein Grußwort an die Gemeinde richtet und Gelegenheit zum persönlichen Gespräch gibt.

Besuche während der Visitation

Eine Visitation kann von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Schwerpunkte festlegen, auf alle Fälle werden während einer Visitation besucht bzw. finden statt:

  • eine Kirchenvorstandssitzung, in der der Gemeindebericht im Zentrum steht,
  • Besuche der Kreise und Gruppen,
  • Besuch des Konfirmandenunterricht,
  • Besuch des Kindergottesdienstes,
  • Besuche der Chöre oder musikalischen Gruppen,
  • Gespräche mit den beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden,
  • Runder Tisch mit Vertreter*innen der ortsansässigen Vereine sowie der politischen Gemeinde,
  • Besuch von Kindergarten und Schule,
  • Gemeindeabend mit allen Mitarbeitenden.

Darüber hinaus werden die Gebäude und die Außenanlagen der Kirchengemeinde in den Blick genommen, die Orgel und das pfarramtliche Archiv.

Wahrnehmen und Bericht des Visitators

Die Visitation ist zunächst als eine Bestandsaufnahme zu verstehen, die durch die Wahrnehmungen während der Visitationswoche ergänzt wird. Über das im Verlauf der Visitation Wahrgenommene erstellt der/die Visitator*in einen Bericht, der von den Berichten des Visitationsteams ergänzt werden kann.

Nachgespräch drei Monate später

Etwa drei Monate nach Abschluss der Visitation wird der/die Visitator*in im Nachgespräch mit dem Kirchenvorstand und dem Pfarramt den Visitationsbericht diskutieren.

Wenn noch nicht geschehen, werden im Anschluss an dieses Gespräch Zielvereinbarungen zur Weiterarbeit formuliert. Gemeinsam erarbeitete Zielvereinbarungen richten den Blick auf die Zukunft.

Blick von außen und Hilfestellung

Der/die Visitator*in kommt mit einem Blick von außen in Ihre Gemeinde und hat gleichzeitig das Ganze der Kirche im Blick, somit kann der Besuch ein wichtiges Korrektiv für Ihre Gemeinde sein.

Diese externe Wahrnehmung kann helfen, Bilanz zu ziehen, sie kann  Stärken benennen und auf Schwachstellen aufmerksam machen,  Missstände aufdecken und Perspektiven entwickeln.

Der/die Visitator*in kann über den Zeitraum der Visitation hinaus Hilfestellung anbieten, damit die Zielvereinbarungen in geistlicher, organisatorischer und seelsorgerlicher Perspektive verwirklicht werden können.

Folgegespräch – ein Jahr nach der Visitation

Im Folgegespräch – ein Jahr nach der Visitation – wird der Stand der Zielvereinbarungen überprüft. Das Perspektivgespräch mit dem Pfarramt schließt sich zeitlich an das Folgegespräch an.

Berichte zeigen Entwicklungen in der Landeskirche

Der/die Regionalbischöf*in bekommt die Unterlagen über die Visitation zugesandt und erklärt den Abschluss der Visitation spätestens nach drei Monaten.

Gemeinde- und Visitationsbericht werden ebenfalls samt Anlagen dem Landeskirchenamt übersandt. Die Mitarbeitenden im Landeskirchenamt des Referats 24 „Visitation“ lesen diese Unterlagen aufmerksam und leiten sie zur weiteren Bearbeitung an die zuständigen Referate und Fachgebiete weiter.

Die Gemeindeberichte und Visitationsberichte tragen so dazu bei, dass kirchenleitende Organe über die Arbeit in den Kirchengemeinden und Regionen informiert sind. Die Visitation und die entsprechenden Dokumentationen geben wertvolle Auskunft über Trends und Entwicklungen in unserer Landeskirche.

Der vom Kirchenvorstand erstellte Gemeindebericht beschreibt das Profil der Kirchengemeinde und kann unter anderem zur Kandidatengewinnung für die nächste KV-Wahl 2024 genutzt werden.

Text: Dr. Heike Köhler, früher Oberkirchenrätin im Referat 24 "Visitation und Projekte" des Landeskirchenamtes

* Mareile Lasogga / Udo Hahn (Hg.): Die Visitation – Eine Studie des Theologischen Ausschusses der VELKD, Hannover 2010, S. 15.

„Lasst uns aufbrechen und wieder
nach unseren Gemeinden sehen, wie
es um sie steht.“

Paulus zu Barnabas, Apostelgeschichte 15,36